Die Überraschung ist immer wieder sehr groß, wenn man als Ehepaar oder Lebenspartner zu Lebzeiten kein Testament errichtet hat und plötzlich ein Partner verstirbt… dann heißt es „rien ne va plus!“ (nichts geht mehr) und sie ist da, die gesetzliche Erbfolge.

Hat das Ehepaar Kinder, geht man zumeist noch davon aus, dass diese in irgendeiner Form gemeinsam mit dem überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner erben. Allerdings wenn das Paar keine Kinder hatte ist die Verwunderung des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners oftmals sehr groß, wenn plötzlich Eltern oder Geschwister des Verstorbenen Erbansprüche anmelden.

Seit Jahrzehnten hält sich bei vielen juristischen Laien hartnäckig das Gerücht, dass bei kinderlosen Ehepaaren oder Lebenspartnern der Überlebende automatisch Alleinerbe seines Partners wird. Dies entspricht jedoch in keinster Weise der gesetzlichen Realität.

Grundsätzlich kann jeder seine Erben selbst bestimmen. Wer aber ohne Testament oder Erbvertrag stirbt, für den bestimmt das Gesetz die Erbfolge.
Wer wie viel genau bekommt, richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad: Zunächst erben die nächsten Verwandten, Kinder und Enkel (Erben 1. Ordnung, § 1924 BGB), dann die Eltern sowie Geschwister ggf. auch Nichten und Neffen (Erben 2. Ordnung, § 1925 BGB) und letztlich Großeltern sowie Onkel und Tanten ggf. auch Cousinen und Cousins (Erben 3. Ordnung, § 1926 BGB).

Nicht verwandt sind hingegen Schwiegereltern oder Schwägerin und Schwager.

Nähere Verwandte schließen dabei grundsätzlich die weiter entfernten Verwandten von der Erbfolge aus. Wer zu welcher Quote erbt, wird letztlich im Erbschein dokumentiert.

Ehegatten sind nach dem Gesetz mit dem Erblasser zwar nicht verwandt, verfügen aber über das Ehegattenerbrecht (§ 1931 BGB). Dadurch wird das Erbrecht der Verwandten eingeschränkt. Gleiches gilt für den eingetragenen Lebenspartner, der weitgehend dem Ehegatten gleichgestellt ist (§ 10 LPartG).

Nach gesetzlichem Erbrecht des Ehegatten oder Lebenspartners erbt der überlebende Partner neben den Kindern immer lediglich ein Viertel des Nachlasses – auch wenn nur ein Kind vorhanden ist. Sind außer ihm nur Verwandte der 2. Ordnung (z.B. Eltern oder Geschwister) aufzufinden, erbt der überlebende Ehegatte lediglich die Hälfte des Nachlasses.

Meistens leben Ehepartner heute jedoch in dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Dann erhöht sich der jeweilige Erbteil des Ehegatten zwar letztlich noch um ein weiteres Viertel… Alleierbe wird der Überlebende – neben Erben der 1. oder 2. Ordnung – jedoch nie.
Zur Vermeidung von Überraschungen ist daher im Rahmen einer optimalen Vorsorge – neben einer Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht o.ä. – auch die Errichtung eines Testaments durchaus empfehlenswert.

Ralf Kurtenacker, Rechtsanwalt | Partner

zugleich zertifizierter Testamentsvollstrecker und Mediator