Wer frühzeitig Vermögen überträgt und ein entsprechendes Testament verfasst,
erspart seinen Lieben viel Ärger mit ungeliebten Verwandten und dem Fiskus

Mehr als Tausendfünfhundert Milliarden Euro suchen in den nächsten zehn Jahren in Deutschland voraussichtlich einen Erben. Die sprichwörtlichen „lachenden Erben“ findet man trotzdem vergleichsweise selten.
Denn wenn es darum geht, ihren letzten Willen zu dokumentieren, haben gerade wir Deutschen einen erheblichen Nachholbedarf. Die meisten scheuen die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod. Noch nicht einmal jeder Dritte hat ein Testament aufgesetzt – und davon sind die meisten auch noch fehlerhaft.

Zwischenzeitlich führt nahezu jeder dritte Erbfall nach dem Tod eines Verwandten zu heftigen Familienstreitigkeiten. Hierbei trifft es keineswegs nur heillos zerstrittene Sippen, sondern auch ganz „normale“ harmonische Familien.
Dabei sind es in der Regel immer wieder gravierende Fehler des Verstorbenen, die den Boden für solche Familienfehden bereiten. Ob aus Nachlässigkeit oder weil es unangenehm ist, sich mit dem eigenen Tod zu befassen: Viele machen kein Testament oder leisten sich bei dessen Formulierung grobe Schnitzer.

Empfehlenswert ist es daher, sich als Erblasser zu eigenen Lebzeiten mit der rechtzeitigen Regelung der Erbfolge zu beschäftigen, um so durch eigenes vorbeugendes Verhalten sowie ggf. die frühzeitige Hinzuziehung eines kompetenten Fachmannes, späteren Streit zwischen den Erben nach Möglichkeit zu vermeiden und die steuerliche Belastung des Nachlasses möglichst gering zu halten.

Dieses Ziel lässt sich oft bereits erreichen, wenn man frühzeitig ein Testament errichtet.
Hierbei unterscheidet man zwischen dem öffentlichen und dem eigenhändigen Testament. Beide Formen haben untereinander denselben Rang, jedoch hat das öffentliche Testament weitergehende Bedeutung. Es kann z.B. den – für den Nachweis der Erbfolge im Grundbuch sonst erforderlichen – Erbschein ersetzen.
Die weitverbreitete Annahme, dass notarielle Urkunden mehr gelten als handgeschriebene Testamente ist jedoch falsch. Theoretisch lässt sich auch ein seitenlanges notarielles Dokument durch eine kurze Notiz auf einem Bierdeckel außer Kraft setzen. Der Grund: Der Gesetzgeber hat den Bürgern bewusst verschiedene Möglichkeiten eingeräumt, ihren letzten Willen festzuhalten. In ihrer Wirkung stehen sich notarielles und handschriftliches Testament daher in nichts nach.
Existieren mehrere Urkunden, hat das jüngere Testament Vorrang gegenüber dem älteren Schriftstück. Und das bedeutet: Tauchen nach dem Tod des Erblassers unterschiedliche Versionen des letzten Willens auf, ist immer das Dokument maßgeblich, das als letztes erstellt wurde. Voraussetzung ist allerdings, dass das handschriftliche Papier die strengen Formvorschriften des Gesetzes erfüllt. Und gerade hier liegt oft die Schwierigkeit.
Das eigenhändige Testament muss handschriftlich von dem Testierenden geschrieben und mit Ort, Datum und Vor- und Zunamen versehen sein. Ort und Datum sind dabei z.B. in den Fällen wichtig, in denen mehrere Testamente verfasst wurden und das letzte, gültige Testament bestimmt werden muss. Ältere Testamente werden in der Regel durch neuere Testamente ungültig. Neben den Gegenständen und Vermögenswerten die vererbt werden sollen, müssen die Erben genannt werden. Erben sind diejenigen, die das Vermögen als Ganzes (bei mehreren Erben jeder einen zu bestimmenden Bruchteil) erben sollen.

Im Rahmen einer Testamentserrichtung gilt es stets auch die mit dem Erbanfall entstehende Erbschaftssteuer zu bedenken, um die steuerliche Belastung des Nachlasses möglichst gering zu halten. Im Focus jeder Überlegung sollten dabei jedenfalls auch die erbschaftssteuerrechtlichen Gegebenheiten stehen.
So ermöglichen es beispielsweise die unterschiedlichen persönlichen Freibeträge, durch planvolles Testieren den Zugriff des Fiskus auf die Erbschaft zu beschränken.

Beispielsweise könnte es im Hinblick auf die bestehenden Freibeträge für Enkel bei Kapitalvermögen der Großeltern durchaus ratsam sein, im Rahmen der Testamentsgestaltung das Vermögen möglichst breit auf die Kinder und Enkel zu verteilen, um das Volumen an Freibeträgen voll auszuschöpfen.

Die größten Einschnitte zeigen sich erfahrungsgemäß in den ungünstigen Steuerklassen II und III, welche für nahe Verwandte, wie Geschwister und deren Kinder, vorgesehen sind. Hier greift das Finanzamt – oberhalb eines (geradezu lächerlich anmutenden) Freibetrages von nur 20.000,00 € -mindestes 30 % des ererbten Vermögens ab. In Ausnahmefällen, bei sehr großem Vermögen, kann sogar bis zur Hälfte des Vermögens vom Fiskus vereinnahmt werden.
Derartige Regelungen, welche man durchaus als eine Form modernen Raubrittertums bezeichnen kann, sind ein wesentlicher Grund, sich rechtzeitig mit der Thematik zu befassen.
Nicht nur der sprichwörtliche „Erbonkel“, welcher seine Nichten und Neffen bedenkt, sondern auch der kleine Rentner, der sein Häuschen an seine Lebensgefährtin vererbt sind die Verlierer der aktuellen steuerrechtlichen Situation. Dass von Seiten der Politik hier – gerade in Zeiten einer möglichen Jamaika-Koalition – in näherer Zukunft Abhilfe geschaffen wird, dürfte ein frommer Wunsch bleiben.

Angesichts der geschilderten Entwicklungen wird es für potentielle Erblasser immer wichtiger, zu handeln und sich frühzeitig um fachkundigen rechtlichen Rat zu bemühen, damit soweit wie möglich verhindert werden kann, dass im Falle des Todes letztlich Häuschen und/oder Unternehmen verkauft werden müssen, um die fällige Erbschaftssteuer aufzubringen.

Letztlich bleibt dann noch die Aufbewahrung des errichteten Testaments durch den Testierenden zu veranlassen. Hat niemand Kenntnis über ein solches Testament, besteht die Gefahr, dass nach dem Tode das Testament verloren geht oder bewusst vernichtet wird. Es ist daher sinnvoll, das Testament beim zuständigen Amtsgericht in amtliche Verwahrung zu geben. Das Amtsgericht wird beim Tod des Erblassers automatisch benachrichtigt und eröffnet das Testament.

 

Ralf Kurtenacker, Rechtsanwalt | Partner

zugleich zertifizierter Testamentsvollstrecker und Mediator