Die Formgültigkeit letztwilliger Verfügungen ist immer wieder Gegenstand diverser juristischer Auseinandersetzungen. Diese Diskussion wird nicht nur von einigen sehr skurrilen Beispielen geprägt (wie etwa der tätowierte letzte Wille auf der Haut, der in Köln für Streit gesorgt hat), sondern sie wird insbesondere im Zuge der Digitalisierung allgemein einen immer größeren Umfang annehmen.

Das deutsche Erbrecht hält für „digitale Testamente“ keinerlei Sondervorschriften bereit. Ob die Nutzung digitaler Technologien der Wirksamkeit letztwilliger Verfügungen im Wege steht beurteilt sich daher nach den allgemeinen Regeln.

Ein lediglich digital verfasstes Testament ist – auch wenn es (z.B. unter Verwendung von Eingabe-stiften) „von Hand“ auf einem iPad oder sonstigem Tablett-PC geschrieben wurde – jedenfalls kein formgültiges eigenhändiges Testament.

Allerdings kann nach der Rechtsprechung beispielsweise zum Zwecke der Testamentsauslegung (§ 2084 BGB) auf digitale Kopien zurückgegriffen werden. Gleiches gilt, um die Errichtung und den Inhalt eines untergegangenen oder verloren gegangenen Testamentes zu beweisen. Auch hier ist der Rückgriff auf digitale Unterlagen gestattet.

Die jederzeitige Verfügbarkeit von Smartphones mit Internetanschluss, erlaubt heute oft auch in Notsituationen noch, seinen letzten Willen für die Nachwelt zu erhalten oder gegenüber Personen kundzutun, die sich selbst außerhalb einer konkreten Gefahrensituation befinden. Dies wirft die Frage auf, ob z.B. Videotelefonische Testamente, die Aufnahme eines in die Cloud gespeicherten Videotestaments oder ein mündliches Testament mit digitaler Niederschrift dann nicht zumindest den Tatbestand eines wirksamen Nottestaments erfüllen könnten.

Digitale Nottestamente sind auf Grundlage der traditionellen Rechtsprechung, nach der auch ein Dreizeugentestament (§ 2250 BGB) zwingend Niederschrift, Verlesung und Unterschrift voraussetzt, jedoch weitgehend ausgeschlossen. Diese Rechtsprechungsgrundsätze stammen allerdings aus den 1970er Jahren und wurden vom BGH vor ca. 25 Jahren das letzte Mal bestätigt. Aus heutiger Sicht erscheint angesichts der technischen Entwicklung die Niederschrift, Verlesung und Unterschrift durchaus nicht mehr zwingend notwendig, um einen Erblasserwillen authentisch zu dokumentieren.

Hier dürfte es das interessant werden, die Entwicklung der Rechtsprechung – insbesondere bezüglich videotelefonischer Dreizeugentestamente oder vor drei Zeugen erklärter und anschließend in die Cloud gespeicherter Testamente in Audio- oder Textform – in den nächsten Jahren zu verfolgen.

Sicher dürfte nur sein, dass dem kurz vor dem Tod versendeten oder abgespeicherten digitalen Testament, dass erst später entdeckt wird, mangels zeitlicher Gegenwart der Zeugen die Wirksamkeit auch zukünftig auf jeden Fall versagt werden wird.

Für Rückfragen zum Thema „Digitales Testament“ und anderen erbrechtlichen Themen steht Ihnen der Autor gerne zur Verfügung.

 

Ralf Kurtenacker, Rechtsanwalt | Partner

zugleich zertifizierter Testamentsvollstrecker und Mediator

Tel. +49 (0)2642 1800 oder per E-Mail an ralf.kurtenacker@anwaltsunion.de

 

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