Die „Patchwork-Familie” stellt das Erbrecht vor neue Herausforderungen. Patchwork-Familien sind heute bereits fast so häufig wie das klassische Familienmodell. Aufgrund hoher Scheidungszahlen sowie einer Zunahme von Mehrfachehen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften entstehen Familien oftmals nicht erst mit der Geburt gemeinsamer Kinder, sondern bereits mit der neuen Partnerschaft, in die ein oder auch mehrere Kinder aus früheren Beziehungen von Partnern miteingebracht werden.

Wie regelt das Gesetz die Erbfolge bei Patchwork-Familien? Eigene Regelungen für diesen Familientyp gibt es nicht. Die Regelungen des Gesetzes sind auf die klassische Familie ausgerichtet, bei der die Kinder bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen.

Inzwischen leben aber gut ¼ aller Kinder nicht mehr in dem Haushalt ihrer verheirateten Eltern, sondern bei einem allein erziehenden Elternteil oder im Haushalt mit dem neuen Partner eines Elternteils.

Das Vermögen der Partner verteilt sich unterschiedlich, je nachdem, ob die (Stief-) Mutter oder der (Stief-) Vater zuerst verstirbt. Hat die (Stief-) Mutter ein Haus, erben der überlebende Ehepartner und die leibliche Tochter jeweils 50 Prozent vom Haus. Stirbt später der (Stief-) Vater, erbt dessen leiblicher Sohn das Vermögen seines Vaters. Dazu gehört dann auch die geerbte Haushälfte, die ursprünglich der Stiefmutter gehörte. Die Stieftochter erhält beim Tod des Stiefvaters nichts. Wäre zuerst der (Stief-) Vater gestorben, hätte die Tochter das gesamte Haus ihrer Mutter allein geerbt sowie die Hälfte des Vermögens ihres Stiefvaters.

Die Höhe des geerbten Vermögens ist also für die Kinder ausschließlich vom Zufall abhängig – je nachdem wer zuerst verstirbt.

Die Kinder des länger Lebenden sind dabei in der Patchwork-Familie eindeutig bevorzugt. Zudem geht so ein Teil des Vermögens des Erstversterbenden an die einseitigen Kinder des überlebenden Ehegatten. Das ist nicht immer so gewollt.

Durch die Errichtung eines Testaments kann eine ungewollte (gesetzliche) Erbfolge leicht vermieden werden. Bei Patchwork-Familien ist dabei besondere Sorgfalt angezeigt, da wegen der besonderen Familiensituation auch an anderen Stellen dringender Regelungsbedarf bestehen kann.

Vor der Abfassung des Testamentes müssen die Partner der Patchwork-Familie daher unbedingt folgende Fragen klären:

  • Sollen alle Kinder – ob gemeinsam oder nicht – gleich behandelt werden oder sollen Unterschiede gemacht werden?
  • Wie wird der überlebende Ehegatte abgesichert?
  • Was ist bei gleichzeitigem Versterben der Ehegatten?
  • Soll der jeweilige Ex-Ehegatte evtl. über die Kinder an das Vermögen kommen?
  • Kann oder will ich Pflichtteilsansprüche ausschließen?

 

Ralf Kurtenacker, Rechtsanwalt | Partner

zugleich zertifizierter Testamentsvollstrecker und Mediator

Tel. +49 (0)2642 1800 oder per E-Mail an ralf.kurtenacker@anwaltsunion.de

 

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