Ein Beitrag von Frau Rechtsanwältin Anja Thurn, Fachanwältin für Familienrecht
Grundsätzlich sind Verwandte einander zum Unterhalt verpflichtet, dieses trifft insbesondere zunächst einmal für Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern zu. Das Gesetz verlangt dabei von Eltern minderjähriger Kinder eine gesteigerte Erwerbsverpflichtung, was einerseits bedeutet, dass Eltern alles ihnen Zumutbare unternehmen müssen, um den Kindesunterhalt zahlen zu können. Hinzu kommt, dass der angemessene Selbstbehalt von 1.400,00 € reduziert wird auf den notwendigen Unterhalt von 1.160,00 € für erwerbstätige unterhaltspflichtige Eltern.
Diese gesteigerte Unterhaltspflicht entfällt hingegen weiterhin nach der gesetzlichen Bestimmung, wenn ein anderer leistungspflichtiger Verwandter vorhanden ist. Dabei kann es sich zu allererst um den anderen Elternteil handeln.
Nunmehr hat der Bundesgerichtshof hingegen entschieden, dass auch die Eltern der unterhaltsverpflichteten Eltern, also die Großeltern der minderjährigen Kinder, diesen gegenüber unterhaltsverpflichtet sein können. Der Bundesgerichtshof führt insofern aus, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Erweiterung der Unterhaltspflicht wegen der für die Eltern damit verbundenen Härte nicht gerechtfertigt ist, wenn andere zur Gewährung des Unterhalts verpflichtete Verwandte, wie etwa Großeltern, vorhanden sind. Der Verwandtenunterhalt wird als Ausdruck der generationsübergreifenden Solidarität gesehen, wobei die Großeltern originär nur den Enkelkindern gegenüber haften, die Kindeseltern hingegen ihren eigenen angemessenen Unterhalt selbst sicherstellen müssen.
Der Bundesgerichtshof stellt allerdings auch klar, dass die Ersatzhaftung der Großeltern nur eine Ausnahme darstellt und ihnen zudem ein deutlich höherer angemessener Selbstbehalt von derzeit 2.000,00 € zuzüglich der Hälfte des über 2.000,00 € liegenden Einkommens zusteht.
Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofes kann sowohl für Kinder, deren Eltern den Unterhalt aufgrund der eigenen Einkommenssituation nicht zahlen können, Bedeutung haben, als auch für den unterhaltsverpflichteten Elternteil selbst, der sich gegenüber dem Kind oder auch gegenüber Behörden auf das hohe Einkommen der Großeltern, und zwar nicht nur der eigenen Eltern, sondern auch der Eltern des anderen Elternteils berufen kann. Der unterhaltsverpflichtete Elternteil kann sich zudem in diesen Fällen ggfls. auch auf den höheren Selbstbehalt berufen, was für ihn einen entsprechenden wirtschaftlichen Vorteil bedeutet.
Selbstverständlich sind in Fragen des Unterhaltes immer die jeweiligen Einzelfälle zu prüfen, trotz allem ergeben sich aus dieser Grundsatzentscheidung zu berücksichtigende allgemeingültige Gesichtspunkte.
Für Rückfragen zu diesem Thema und anderen familienrechtlichen Themen steht Ihnen die Autorin als Fachanwältin für Familienrecht gerne zur Verfügung.
Anja Thurn, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht
Tel. +49 (0)2642 1800 oder direkt an anja.thurn@anwaltsunion.de
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