Ein Beitrag von Herrn Rechtsanwalt Ralf Kurtenacker und Herrn stud.iur. Maximilian Diehl

 

Die jüngste Entscheidung des OLG Frankfurt (Urteil v. 07.02.2020/Az. 13 U 31/18) beschäftigt sich mit dem Thema, ob es einen Ausgleich für pflegende Familienangehörige/Miterben gibt und wie sich ein solcher Anspruch auf die Aufteilung des Nachlasses auswirkt.

Die Grundlagen eines solchen Anspruchs hat der Gesetzgeber in § 2057 a des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt. Hier ist festgelegt, dass ein Miterbe, der den Erblasser pflegt oder im Haushalt, Beruf bzw. Geschäft über einen längeren Zeitraum oder durch finanzielle Aufwendungen unterstützt, einen entsprechenden Ausgleich im Rahmen der Aufteilung des Erbes verlangen kann.

Insofern ist jedoch zu beachten, dass dabei die im Rahmen der sogenannten „Eltern-Kind-Beziehung“ üblicherweise zu erbringende Leistungen nicht ausreichend sind. Dies bedeutet, dass zum Beispiel ein Besuch alle 14 Tage und ein oberflächliches Gespräch nicht genügen, einen Ausgleichsanspruch in der Nachlassaufteilung zu begründen. Vielmehr bedarf es überobligatorischer Leistungen eines Miterben. Kümmert man sich aber tatsächlich um den Erblasser, auch wenn es sich dabei um Alltagsbesorgungen oder gemeinsame tägliche Spaziergänge handelt oder sogar weitergehende Pflegeleistungen, wie z.B. das Wechseln von Windeln, das Füttern des Pflegebedürftigen oder eine Beaufsichtigung zur Sicherheit des Erblassers, kann dies einen Anspruch auf Ausgleich in der Aufteilung des Nachlasses begründen.

Unter den Begriff „Pflege“ fällt jedenfalls die Hilfe bei allen gewöhnlichen, regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, bei denen ein Pflegebedürftiger Unterstützung braucht.

Die Höhe des Ausgleichsanspruchs ermittelt das OLG Frankfurt in nachvollziehbarer Weise im Wege einer Gesamtschau nach Gesichtspunkten der Billigkeit, wobei entsprechend der aktuellen Tendenz der Obergerichte die Einstufung des Erblassers in Pflegegeraden zunehmend an Bedeutung gewinnt.
In diesem Zusammenhang werden regelmäßig 3 Prüfungsstufen herangezogen:

1. Zunächst ist die Dauer und Umfang der Pflegeleistungen zu berücksichtigen (tatsächlicher Aufwand). Dabei wird beachtet, in welchem Umfang dabei das Vermögen des Erblassers erhalten oder vermehrt wurde. Dazu gehören z.B. ersparte Kosten für eine professionelle Dauerpflege oder die Kosten für eine vollumfängliche Heimpflege.

2. In der zweiten Prüfungsstufe wird der immaterielle Wert der Leistung des Pflegenden betrachtet. Hierbei wird auf die Nachteile (z.B. Einkommensverluste), aber auch die Vorteile (z.B. Wohnvorteile oder lebzeitige Schenkungen) für den pflegenden Abkömmling, die aus der Pflege resultieren, abgestellt.

3. Zuletzt werden die Vermögensinteressen der übrigen Miterben und der Pflichtteils-berechtigten sowie die Höhe des gesamten Nachlasses berücksichtigt.

Angesichts dieser komplexen Thematik wird in vielen Fällen anwaltliche Beratung und Unterstützung nötig sein. Gerne steht Ihnen der Autor als auf das Erbrecht spezialisierter Rechtsanwalt für Rückfragen zur Verfügung. Vereinbaren Sie hierfür einen Besprechungs- oder Telefontermin.

 

Ralf Kurtenacker, Rechtsanwalt | Partner

zugleich zertifizierter Testamentsvollstrecker und Mediator

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